Stellungnahme der CDU-Fraktion zur Beschlussfassung des Haushaltsplans 2024 und der Finanzplanung am 18. April 2024
Stellungnahme der CDU-Gemeinderatsfraktion zur Beschlussfassung des Haushaltsplans 2024 und der Finanzplanung am 18. April 2024
Grundsätzliches
Die Kommunen und auch wir in Brackenheim werden bei der Erfüllung unserer Aufgaben von der Politik vor nahezu unlösbare Probleme gestellt. Auf kommunaler Ebene offenbart sich immer mehr die Diskrepanz
zwischen politisch formulierten Ansprüchen und der Begrenztheit der Wirklichkeit. Bund und Land sollten immer wissen, welche Folgen ihre Beschlüsse für die Kommunen haben. Wir haben nicht den Eindruck, dass diese die Situation bei den Kommunen richtig einschätzen und den Handlungsdruck verstanden haben.
Haushaltsdaten und Fakten
Es war wiederum nicht möglich, einen finanziell ausgeglichenen Haushaltsplan aufzustellen. Das Defizit im Finanzhaushalt beträgt 4 Mio. Euro und wird sich in der nahen Zukunft nicht wesentlich verbessern. Gründe sind vor allem die Erwirtschaftungsverpflichtung aus Abschreibungen, die Inflation, der außerordentlich hohe Tarifabschluss 2023, das Wachstumschancengesetz (siehe später) und viele andere Gründe. Die Abschreibungen liegen bei 9,2 Mio. Euro und sind seit der Umstellung auf Doppik voll zu erwirtschaften und das gelingt uns seit dieser Umstellung nicht mehr bei unserem sehr hohen Sachvermögen. Der cash flow (hergeleitet aus einer Handels- oder Steuerbilanz) wäre also durchaus positiv. Diese Probleme gibt es auch bei vielen anderen Kommunen. Auf Dauer führt aber kein Weg daran vorbei, einen Ausgleich zu schaffen, das bedeutet, das Aufwandswachstum muss dauerhaft unter dem Ertragswachstum sein. Sparmaßnahmen hat die Verwaltung bereits in größerem Umfang getroffen, stößt aber an Grenzen. Durch Bündelausschreibungen beim Einkauf ist aber noch Sparpotential vorhanden.
Positiv: Der Zahlungsmittelüberschuss aus dem Ergebnishaushalt beträgt 1,1 Mio. Euro. Die noch vorhandenen liquiden Mittel reduzieren sich bis Jahresende deutlich. Trotz der angespannten Lage bleibt unsere Stadt weiterhin schuldenfrei, ist aber in der Zukunft die Vermarktung der Baugebiete und weiterer Immobilien angewiesen. Der eingeschlagene Weg aus gezieltem Sparen und sinnvollem Investieren, über das im Einzelnen schon weitgehend entschieden ist, muss fortgesetzt werden. Die Auswirkungen des Wachstumschancengesetz werden im Haushaltsplan als einer von zwei prägnanten Punkten für die negative Entwicklung der Haushaltszahlen dargestellt und mit einem Betrag von 800.000,00 Euro beziffert. Es war vorgesehen, dass die Kommunen einen mehr als doppelt so hohen Anteil ihrer Steuereinnahmen wie Bund und Länder verlieren, obwohl die Konjunktur- und Wachstumspolitik Aufgabe des Bundes ist. Der Bundesrat hat am 22.03.2024 dieses sinnvolle, aber mit 3,2 Mrd. Euro vom Volumen viel zu geringe Gesetz beschlossen. Bund und Länder tragen demnach 82,9% der Mindereinnahmen, während die Mindereinnahmen der Kommunen auf 17,1% reduziert wurden, also deutlich geringer als ursprünglich angenommen. Dies wirkt sich für uns positiv aus und bedeutet einen sehr viel niedrigeren Betrag als 800.000,00 Euro.
Digitalisierung, Bürokratie und Personal
Deutschland ist in Bezug auf die Verwaltungsdigitalisierung abgehängt. Wir sind mittlerweile auf dem Niveau eines Entwicklungslandes. Um die notwendigen Veränderungen zu erreichen, ist ein Neustart erforderlich. Der nachfolgende Artikel beschreibt die Ursachen für dieses Scheitern und bietet eine Zukunftsperspektive mit Lösungsvorschlägen und Handlungsempfehlungen. Den Artikel finden Sie
Eine Brackenheimer Initiative (Franz Eduard Gruber, Thomas Knörle, Helmut Kayser) mit Unterstützung der Stadt hat nun auch die CDU-Landtagsfraktion mobilisiert, um die Amtsspitze des Innenministeriums mit konkreten Lösungsvorschlägen zum Handeln aufzufordern. Eine kluge, konsequente und strukturierte Digitalisierung hilft auch, die ausufernden Personalkosten einigermaßen in den Griff zu bekommen.
Bildung, Betreuung und digitale Bildungskompetenz
Es sind weiterhin große Anstrengungen notwendig, um unser gutes Niveau für unsere familienfreundliche Stadt halten zu können. In der baden-württembergischen Verfassung ist das Konnexitätsprinzip verankert. Wir sehen diese Verfassungsaufgabe nur teilweise als erfüllt an.
Beispiel: Der Abmangel aus der so wichtigen Kinderbetreuung von 0 – 14 Jahren beträgt rund 8,5 Mio. Euro (Vorjahr 6,4 Mio. Euro). Die Landeszuschüsse liegen bei 3,0 Mio. Euro (Vorjahr 2,8 Mio. Euro). Sie steigen also nur geringfügig aus verschiedenen Komponenten.
Die Stärkung der informatischen Bildung in der Schule ist wichtig. Dazu ist es notwendig, dass das Pflichtfach Informatik an allgemeinbildenden Schulen eingeführt wird. Die Einführung soll an allgemeinbildenden Gymnasien ab Klasse 5 ab dem Schuljahr 2025/26 erfolgen. Die Brackenheimer Initiative hat mit Beharrlichkeit und lösungsorientierten Vorschlägen einen wichtigen Beitrag für diese Entscheidung geleistet. Für unsere Allerkleinsten und ihre Familien haben wir ein Erfolgsmodell, die „Familienpartner“. Diese Struktur muss unbedingt erhalten werden.
Migration und Flüchtlinge
Wir sind eine „Weltoffene Kommune“. Der Zugang an Flüchtlingen hat aber mittlerweile in Bezug auf die finanziellen Auswirkungen auf kommunaler Ebene als auch im Hinblick auf die Betroffenheit der Bürger ein besorgniserregendes Ausmaß erreicht. Bei den Bürgern steigt die Tendenz zur Verständnislosigkeit. Die Brackenheimer Initiative hat mit der Unterstützung der Stadt Lösungsvorschläge mit dem Landratsamt erarbeitet, um damit auf Landes-, Kreis- und Kommunalebene das Integrationsmanagement effektiver und effizienter gestalten zu können.
Wohnungsbau und Infrastruktur
Die Zielsetzung, wonach die zusätzliche Flächeninanspruchnahme möglichst geringgehalten werden soll, also Innenentwicklung vor Außenentwicklung, wird auch von uns seit Jahren unterstützt. Es wurde dabei einiges erreicht. Klar ist aber auch: Zukunftsgestaltung braucht auch Fläche, aber dabei muss das beanspruchte Maß möglichst geringgehalten werden. Das seit langem geplante Baugebiet Schulzentrum III wird vorangetrieben. Und bei der äußerst wichtigen Entwicklung des Krankenhausareals ist die Stadt mit der SLK und den Planern auf einem guten Wege für dieses Traumgrundstück, das Entwicklungspotenziale zur Schaffung von Wohnraum in seiner ganzen Vielfalt hat, also auch Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und dies ohne produktive Ackerflächen zu überbauen. Die bestehende überdurchschnittliche Infrastruktur - gespeist mit hoher Lebens- und Wohnqualität – müssen wir erhalten. Bei einer wachsenden Einwohnerzahl muss auch die Infrastruktur gleichmäßig mitwachsen.
Deutsche Weinwelt
Das ambitionierte Vorhaben erreicht nach langer Zeit eine völlig neue Dimension, ein Leuchtturmprojekt für Brackenheim und weit darüber hinaus. Auch abzulesen an der neuen Bezeichnung „Deutsche Weinwelt“ bisher „WeinZeit im Schloss.“ Die internationale Ausstellung (Edutainmentcenter), Hotellerie, Gastronomie, Vinothek und Weiterbildungsräume zeigen in diese Richtung. Das Juwel Renaissance-Schloss ist dann nächstes Jahr endgültig aus seinem Dornröschenschlaf erwacht durch enge Zusammenarbeit der Stadt Brackenheim, Investor Wolfgang Scheidtweiler, Cité du Vin Bordeaux und Ausstellungsdesignerin Clémence Farrell. Die Weinwelt hat grundlegende Bedeutung für uns weit über den Wein hinaus, also für die Stadtentwicklung, die Gastronomie, den Tourismus, den Einzelhandel usw.
Und danach erhoffen wir uns eine Initialzündung, um unserer Bedeutung als Wein- und Heuss-Stadt und den Bedürfnissen der Gäste unserer Stadt gerecht zu werden. Dazu müssen wir unsere Stadt aber rechtzeitig fit machen. Beispielsweise durch verschiedene Maßnahmen, die im vergangenen Jahr auch bei der Bürgerwerkstatt „Zukunft der Innenstadt“ besprochen wurden und nicht zuletzt durch ausreichende Parkplätze.
Die Finanzierung unseres Beitrages ist im Haushaltsplan enthalten.
Wirtschaft, Einzelhandel, Gastronomie und Innenstadt
Wir müssen das uns Mögliche tun, damit Wirtschaft, Handel, Dienstleistungen usw. gut wirtschaften können, Arbeitsplätze erhalten und schaffen. Denn ohne Einnahmen und gezieltes Wachstum können Investitionen und Aufgaben, auch im sozialen Bereich, nicht getätigt werden. Brackenheim muss ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleiben.
Klimaschutz und erneuerbare Energien
Wir sind Stadt des Klimaschutzes und haben viele Hausaufgaben zu erledigen, beispielweise die Installation von Fotovoltaikanlagen auf unseren eigenen Gebäuden. Priorität hat das Ausnutzen von Dachflächenpotential auf allen Dächern. Auf dem Heuchelberg wird ein „Interkommunaler Windpark“ geplant. Das wunderbare Landschaftsbild wird deutlich sichtbar beeinträchtigt. Das polarisiert natürlich und ist verständlich. Die Sorgen und Vorschläge der Bevölkerung sind aufzunehmen und bei der weiteren Planung zu prüfen und einzubeziehen.
Aber: Der Stromhunger steigt in der Zukunft auch durch Wärmepumpen und Elektroautos sowie in der IT-Branche und wir wollen unseren Lebensstandard halten. Der Ausbau erneuerbarer Energien kommt leider bisher nicht in dem erhofften Tempo voran.
Wer erneuerbare Energien, auch Windkraft ablehnt, sollte dies gut begründen und vor allem gangbare Alternativen neben der notwendigen Energieeinsparung aufzeigen. Da hören wir bisher viel zu wenig. Wir halten die Fäden in der Hand und haben finanzielle Vorteile. Denn wenn wir es nicht tun, ist der Weg frei für andere Lösungen, die wir alle nicht wollen.
Mobilität
Das „Mobilitätskonzept 2035“ muss kommuniziert, weitergeführt und umgesetzt werden auch im Zusammenhang mit dem Innenstadt-Check. Insbesondere liegt uns das Radverkehrskonzept sehr am Herzen.
Die Reaktivierung der Zabergäubahn wurde Ende vergangenen Jahres von uns und anderen Gremien nach sehr langer Zeit auf den Weg gebracht. Mit dem Projekt böte sich die einmalige Chance für die Weiterentwicklung der Mobilität im Zabergäu. Aber: Es müssen verschiedene nicht unerhebliche Gelder fließen, denn ohne diese geht es nicht. Trotzdem wird noch über die finanzielle Belastung für die Stadt zu gegebener Zeit zu diskutieren und zu entscheiden sein. Zu berücksichtigen sind auch die Orte, die nicht an der Schiene liegen durch ein Konzept zum Busnetz und zum Radverkehr. Wir haben ferner angeregt, dass es Möglichkeiten für einen Güterverkehr gibt. Da sind die Unternehmen und die Bahn gefordert. Wir wissen heute nicht, ob und wann und wie das Vorhaben erfolgreich sein wird. Es gibt noch sehr viele Unwägbarkeiten. Aber: Eine Chance wie jetzt kommt für die Mobilität im Zabergäu voraussichtlich nicht wieder.
Ausblick
Wir brauchen wieder mehr Eigenverantwortung, eine Belebung des Bürgersinns und das Verständnis dafür, dass auch eine Kommune nicht alle Wünsche erfüllen kann. Wir müssen nicht nur gut überlegen, ob wir Dinge wirklich brauchen, sondern auch, wann wir sie brauchen und in welcher Art und Ausführung. Eine konsequente Aufgaben- und Standardkritik ist zwingend. Wir dürfen uns in Brackenheim glücklich schätzen für das, was wir bisher erreicht haben und wir haben nach wie vor eine gute Ausgangsposition, um auch in der Zukunft erfolgreich zu sein. Zukunftspessimismus ist nicht angebracht.
Am 9. Juni sind Europa-, Kreistags- und Gemeinderatswahlen. Die kommunale Ebene ist das Rückgrat unserer Demokratie. Bitte gehen Sie unbedingt zur Wahl und wählen aus dem demokratischen und nicht extremen oder populistischen Angebot aus. Das ist sehr wichtig für Europa, den Landkreis und unser Brackenheim!
Danke
Wir bedanken uns bei der Verwaltung für ihre Arbeit und für die Aufstellung des umfangreichen Haushaltsplans.
Danke auch an die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte für die gute, konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit.